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PKV unter Druck: Ursachen, Mechanismen und Folgen steigender Kosten

Steigende Ausgaben für medizinische Leistungen stellen die private Krankenversicherung (PKV) vor große Herausforderungen. Fortschritte in der Medizin, eine alternde Bevölkerung und steigende Preise im Gesundheitswesen treiben die Leistungsausgaben kontinuierlich und zuletzt nochmal deutlich spürbar nach oben. Für die Unternehmen geht es darum, ihre finanzielle Stabilität dauerhaft zu sichern und zugleich das Vertrauen ihrer Versicherten zu erhalten, auch wenn Beitragsanpassungen unvermeidlich sind. In einem solch komplexen Umfeld gewinnen unabhängige Bewertungen an Bedeutung: Sie verdichten die vielfältigen Finanz- und Leistungsdaten zu verständlichen Einschätzungen, schaffen Transparenz, geben Orientierung und stärken das Vertrauen in ein System, das auf langfristige Stabilität angewiesen ist.

Die Ursachen für die steigenden Leistungsausgaben sind vielschichtig. Neue Therapien und Medikamente verbessern zwar die medizinische Versorgung, bringen aber in der Regel hohe Kosten mit sich. Hinzu kommt, dass mit einer älter werdenden Bevölkerung mehr Leistungen beansprucht werden. Nahezu alle Bereiche des Gesundheitswesens – von Arzneimitteln bis hin zu Pflege und Krankenhausbehandlungen – sind zudem von deutlichen Preissteigerungen betroffen. Diese Entwicklungen wirken langfristig und stellen die Kalkulationsgrundlagen der Versicherer immer wieder auf die Probe.

Komplexe Beitragsanpassungen und Rückstellungen

Die Auswirkungen für die Versicherten zeigen sich deutlich in den aktuellen Beitragsanpassungen zum Jahreswechsel 2024/2025. Schätzungen zufolge waren rund zwei Drittel aller PKV-Versicherten betroffen, im Schnitt stiegen die Beiträge um etwa 12,5 %. Während einige Tarife nur leicht angepasst wurden, mussten andere Versicherte Erhöhungen von bis zu 30 % hinnehmen. Haupttreiber sind die spürbar gestiegenen Leistungsausgaben: Nachholeffekte der Corona-Pandemie, mehr stationäre Behandlungen sowie die allgemeine Inflation haben die Kosten massiv nach oben getrieben. Lag die jährliche Ausgabensteigerung vor der Pandemie noch bei rund 5 %, erreichte sie 2023 bereits 9 % und übertraf dieses Niveau 2024 erneut leicht. Was auf den ersten Blick wie eine einfache Reaktion auf steigende Kosten wirkt, ist in Wahrheit ein hochkomplexer Prozess. Zahlreiche Faktoren greifen ineinander – medizinische Entwicklungen, demografische Trends, Kapitalmarkterträge, gesetzliche Vorgaben und die Tarifstruktur jedes einzelnen Unternehmens. Für Außenstehende ist kaum erkennbar, wie genau sich all diese Größen auf die individuelle Beitragshöhe auswirken.

Um Beitragsanpassungen für die Versicherten abzufedern, greifen die privaten Krankenversicherer unter anderem auf die Rückstellungen für Beitragsanpassungen (RfB) zurück. Diese Reserven wirken dämpfend, können die steigenden Kosten aber längst nicht vollständig ausgleichen. Gemessen wird ihre Stärke an der sogenannten RfB-Quote. Diese lag 2023 im Schnitt bei rund 34,5 %, ist 2024 jedoch auf etwa 30 % gesunken – Tendenz weiter fallend. Zudem variiert die Quote erheblich: Während einige Anbieter nur knapp über 10 % vorhalten, liegen andere jenseits der 70-Prozent-Marke. Wie stark die Rückstellungen letztlich wirken, hängt nicht zuletzt vom Geschäftsmix und der Tarifstruktur eines Unternehmens ab. Für Versicherte ist diese Vielzahl an Kennzahlen schwer einzuordnen. Hier setzen gute Ratings an, indem sie aus solchen Finanzdaten ein Gesamtbild ableiten, das die Belastbarkeit eines Anbieters nachvollziehbar macht.

Transparenz durch objektive Bewertungen

Grundsätzlich entstehen die RfB aus den Überschüssen, die die Versicherer in den Vorjahren erwirtschaftet haben. Dabei zählen zwei Faktoren: Wie gut das eigentliche Versicherungsgeschäft läuft und wie erfolgreich die Kapitalanlage Erträge abwirft. Beide Größen fließen in die RfB ein. Zur Messung dienen Kennzahlen wie die sogenannte Rohergebnisquote, während die Überschussverwendungsquote zeigt, wie viel davon tatsächlich an die Versicherten zurückgegeben wird. Vereinfacht gesagt: Je mehr nach Kosten und Aufwendungen übrigbleibt und je mehr davon an die Kunden zurückgeführt wird, desto stärker sind die Puffer, die Beitragserhöhungen abfedern können.

Hier zeigt sich, dass reine Zahlenwerke für Laien kaum einzuordnen sind. Umso wertvoller sind unabhängige Ratings, die diese Daten in eine verständliche Bewertung übersetzen. Sie verdichten komplexe Finanzstrukturen zu einem klaren Urteil darüber, wie robust und zukunftsfähig ein Anbieter ist, und bieten Versicherten Orientierung in einem Markt, der für viele nur schwer durchschaubar ist.

Da es sich in der Vollversicherung um langfristige Verträge handelt, die versicherungsmathematisch nach Art der Lebensversicherung kalkuliert sind, schreibt der Gesetzgeber hier vor, dass 80 % der Überschüsse an die Versicherten zurückfließen müssen. Viele Unternehmen gehen sogar über diese gesetzliche Vorgabe hinaus und schütten einen noch höheren Anteil aus. Doch entscheidend ist, wie sich Zu- und Abflüsse über die Zeit entwickeln. Werden Rückstellungen entnommen, um Beitragsanpassungen abzufedern, sinkt das Niveau zunächst, bevor neue Zuführungen es wieder anheben können. Bleiben diese Zuführungen jedoch hinter den Entnahmen zurück, sinken die Mittel entsprechend. Genau das erleben wir derzeit. Hinzu kommt ein weiterer Faktor: Da die RfB-Quote die Rückstellungen ins Verhältnis zu den Beiträgen setzt, verändert sich mit steigenden Beitragseinnahmen auch der Nenner der Berechnung, so dass die Quote zusätzlich sinkt. So wirken mehrere entgegengesetzte Einflüsse zusammen, was erklärt, weshalb sich die Quoten bei den einzelnen Unternehmen deutlich unterscheiden..

Steigende Leistungsausgaben und daraus resultierende Beitragsanpassungen sind keine kurzfristige Erscheinung, sondern eine dauerhafte Herausforderung für die PKV. Wer als Versicherter Entwicklungen besser verstehen und vergleichen will, braucht Transparenz. Unabhängige Bewertungen schaffen genau das: Sie machen sichtbar, welche Anbieter ihre Finanzkraft dauerhaft sichern, und stärken damit das Vertrauen in ein System, das auf lange Sicht Sicherheit und gute Leistungen gewährleisten muss.

 

Autor: Alexander Kraus (Senior-Analyst Assekurata Assekuranz Rating-Agentur GmbH)

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