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Value for Money: Was die Effektivkostenquote über die Altersvorsorge verrät

In Zeiten wachsender finanzieller Unsicherheit ist eigenverantwortliche Altersvorsorge wichtiger denn je. Für Verbraucher, die sich nicht allein auf die gesetzliche Rente verlassen möchten, bieten fondsgebundene Rentenversicherungen eine interessante Alternative, da sie flexible Anlageoptionen mit attraktiven Renditechancen versprechen. Jedoch ist ihre Kostenstruktur häufig komplex und schwer durchschaubar. Hier schafft die Effektivkostenquote mehr Klarheit. Sie drückt die Kosten eines Altersvorsorgeprodukts in einer Kennzahl aus und hilft den Verbrauchern, das Preis-Leistungs-Verhältnis besser einzuschätzen und Produkte miteinander zu vergleichen.

Auch aus regulatorischer Sicht ist die Effektivkostenquote von großer Bedeutung. Versicherungsaufsichtsbehörden wie die BaFin in Deutschland und die EIOPA auf europäischer Ebene beobachten sie genau. Im Rahmen des „Value for Money“-Ansatzes wollen sie sicherstellen, dass Altersvorsorgeprodukte einen hinreichenden Kundennutzen bieten und die Kosten in einem angemessenen Verhältnis dazu stehen. Dieser Ansatz ist in den letzten Jahren zu einem wichtigen Instrument in der Marktregulierung geworden, um die Transparenz am Markt zu erhöhen und den Verbraucherschutz zu stärken. Nicht zuletzt werden die Effektivkosten auch in den Angebotsunterlagen und bei Tarifvergleichern ausgewiesen. Sie spielen in der Kundenberatung eine große Rolle und werden von vielen Vermittlern als Vergleichsmaßstab genutzt.

Die Effektivkostenquote kann grundsätzlich dabei helfen, das Preis- und Leistungsprofil eines Produktes besser einzuschätzen. Sie umfasst grundsätzlich alle kalkulierten Kosten, also sowohl die Abschluss- und Verwaltungskoten als auch die anlagespezifischen Fondskosten. Häufig wird sie daher auch als Gesamtkostenquote bezeichnet. Allerdings kann diese Bezeichnung zu Missverständnissen führen, da die Kennzahl nicht unbedingt die tatsächlichen Kosten eines Vertragsverlaufs widerspiegelt und von individuellen Faktoren abhängt. Genauere Einblicke in diese Thematik haben wir kürzlich gemeinsam mit der Alte Leipziger Lebensversicherung im Rahmen eines Expertentalks und einer Workshop-Reihe erarbeitet. Im November 2024 hat sich Produktmathematiker Sigurd Löwe von der Alte Leipziger in einem Vortrag auf der Herbsttagung der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) ebenfalls mit den Auswirkungen von praxisrelevanten Vertragsverläufen beschäftigt.

Inhaltlich gibt die Effektivkostenquote den Einfluss der einkalkulierten Kosten auf die Wertentwicklung eines Altersvorsorgeprodukts wieder. Anders ausgedrückt weist sie aus, wie stark die jährliche Rendite durch produktimmanente Kosten geschmälert wird (engl.: „Reduction-in-Yield“, kurz RIY). Ihre Aussage fußt dabei auf Modellannahmen. Ein tieferes Verständnis der Effektivkostenquote ist wichtig, um ihre Vorteile und Grenzen richtig einzuordnen und eine fundierte Entscheidung bei der Wahl eines Altersvorsorgeprodukts zu treffen.

Grundsätzlich bestimmen drei zentrale Faktoren die Höhe der Effektivkostenquote.

  • Beitragshöhe: Höhere Beiträge führen in der Regel zu einer geringeren Effektivkostenquote, da sich die Fixkosten relativ gesehen auf einen größeren Beitrag verteilen. Kunden mit höheren Beiträgen profitieren meist von niedrigeren Effektivkosten.
  • Vertragslaufzeit: Je länger die Laufzeit eines Vertrags, desto geringer ist die jährliche Kostenbelastung, da sich die anfänglichen Kosten über die Laufzeit verteilen. Dies zeigt sich daran, dass die Effektivkostenquote bei langfristigen Verträgen günstiger ausfällt.
  • Renditeannahmen: Bei der Berechnung der Effektivkostenquote wird eine konstante jährliche Rendite der Kapitalanlage angenommen, beispielsweise jedes Jahr 4 %. Eine solche Annahme schafft zwar einheitliche Vergleichswerte, in der Realität schwanken Kapitalmärkte jedoch mitunter stark.

Nachfolgende Abbildung verdeutlicht den Einfluss unterschiedlicher Vertragsparameter auf die Höhe der Effektivkosten bei einem modellhaften fondsgebundenen Mustervertrag. Hierbei haben wir in verschiedenen Fallkonstellationen jeweils einen einzelnen Vertragsparameter modifiziert und die Effektivkostenquote dann neu berechnet. Diese sogenannten Sensitivitätsanalysen zeigen deutlich, wie stark die Effektivkostenquote auf unterschiedliche Einflussfaktoren reagiert. Am auffälligsten ist der Einfluss der Laufzeit und der Beitragshöhe, bei denen die Effektivkostenquote signifikant variiert. Deutlich robuster zeigt sich die Kennzahl gegenüber unterschiedlichen Renditeannahmen. Da diese Annahmen jedoch einen linear positiven Kapitalmarktverlauf unterstellen, sind sie rein theoretischer Natur. Wenn man beispielsweise stattdessen den tatsächlichen Verlauf des DAX in den letzten 30 Jahren berücksichtigt, würden die Effektivkosten im Vergleich zu den Modellannahmen aufgrund der Volatilität des Index höher ausfallen, obwohl die Ablaufleistung in diesem Fall sogar höher gewesen wäre als im Modellfall.

Aus den Berechnungen lässt sich schlussfolgern, dass ein Kostenvergleich verschiedener Tarifangebote nur dann sinnvoll ist, wenn einheitliche Vertragsparameter vorliegen. Doch auch dann hat die Kennzahl ihre Tücken. Sobald ein Kunde, wie es in der Praxis üblich ist, individuelle Vertragsoptionen ausübt, würden die Effektivkosten je nach Ausmaß und Gebührenstrukturen deutlich höher ausfallen. Besonders große Steigerungen von bis zu 30 Basispunkten konnten wir für Dynamikanpassungen, Teilauszahlungen und Beitragsfreistellungen nachweisen. Zudem wirkt sich auch die Überschussbeteiligung der Anbieter auf die Höhe der Effektivkosten aus. Die Vergleichbarkeit ist insoweit nur dann gewährleistet, wenn Fondskosten und Überschüsse während der Laufzeit unverändert bleiben.

Insgesamt münden die Berechnungen in der Erkenntnis, dass die Effektivkostenquote je nach individuellem Verhalten des Kunden und konkretem Vertrags- und Kapitalmarktverlauf sehr unterschiedlich ausfallen kann. In der standardisierten Definition beziehungsweise dem externen Ausweis der Kennzahl bleiben diese Effekte jedoch außen vor. Damit kann die Effektivkostenquote zwar eine sinnvolle Orientierungshilfe sein, um die zu erwartende Kostenbelastung abzuschätzen – dies aber stets nur unter „Laborbedingungen“. Direkte Tarifvergleiche und auf dieser Basis getroffene Kaufentscheidungen sollten daher mit Bedacht getroffen werden, da die Effektivkostenquote ein Indikator, aber eben kein Preisschild ist. Die tatsächlichen Vertragskosten können je nach Verlauf höher (aber auch niedriger) sein, als es die Kennzahl auf den ersten Blick suggeriert.

Ohnehin sollte die Auswahl einer passenden Altersvorsorge nicht auf Basis einer (Kosten-)Kennzahl beruhen. Eine gute Rentenversicherung zeichnet sich nicht nur durch Kosteneffizienz aus, sondern auch durch Renditepotenziale, Flexibilität, Finanzstärke des Anbieters und nicht zuletzt ihre eigentliche Zweckbestimmung, nämlich die Zahlung einer lebenslangen Rente im Alter. Auf diesem Auge ist die Effektivkostenquote im Übrigen ebenfalls blind, da die Kosten in der Auszahlungsphase bei der Berechnung vollständig unberücksichtigt bleiben.

Autor: Lars Heermann, Bereichsleiter Assekurata Rating-Agentur GmbH

 

 

 

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